Leider können wir unser Projekt nicht weiterführen und verkaufen deshalb schweren Herzens unsere Southern Chancer in andere gute Hände.
Unser aktueller “Heimathafen” ist Calheta auf Madeira. Ein perfekter Absprung für einen großen Schlag über den Atlantik in die Karibik. Das war auch unser ursprüngliches Ziel. Aus persönlichen Gründen klappt das für uns aber leider nicht mehr.
Steffi hat am Sonntagmorgen abgemustert. Sie ist mit dem Zug zurück nach Erlangen gefahren.
Wir haben gegen 8 Uhr abgelegt, erst mal mit dem groben Ziel Dünkirchen bzw. Boulogne-sur-Mer. Der Ebbstrom hat uns wie geplant die ersten Stunden auch “geschoben”, ab Dünkirchen bis kurz vor Calais hatten wir ihn dann allerdings gegen uns. Der Wind war recht wechselhaft, teilweise hat es mit dem Segeln gut geklappt, zu anderen Zeiten musste dann aber wieder der Motor übernehmen. Gut bewährt hat sich unser neuer Autopilot “Knut” von Raymarine, der die Southern Chancer nun zuverlässig steuern kann, ob nach gespeicherten Routen, nach angegebenem Kurs oder unter Segeln auch nach Windrichtung – es funktioniert, das haben wir unterwegs ausgiebig getestet!
Etwas kritisch war gegen Mitternacht die Querung der Einfahrt nach Calais. Hier rauschen ständig Fähren nach und von Dover mit einer Geschwindigkeit von über 18 Knoten durch. Unsere Southern schafft im Vergleich ca. 6 Knoten. Da mussten wir auf jeden Fall auf das richtige Fenster achten, um hier nicht unter den Bug einer Fähre zu kommen, oder zumindest, um nicht ein schwer kalkulierbares Verkehrshindernis zu sein.
Gegen 3:00 Uhr morgens hatten wir dann unseren letzten Wegpunkt vor Boulogne-sur-Mer erreicht. Wir entschieden uns für das Einlaufen in den Hafen trotz Dunkelheit. Wir haben ja Unterstützung von Kartenplotter, AIS und Radar. Im Vorhafen mussten wir dann allerdings erst mal warten, weil wohl die ganze Fischereiflotte aufgewacht ist. Wie an der Perlenschnur kamen bestimmt an die 15-20 Fischereischiffe aus dem Innenhafen heraus. Noch ein Funkspruch mit “Boulogne Port” für die Schleuse in den Innenhafen “Bassin Napoleon” und kurz darauf lagen wir sicher festgemacht am Steg. Gegen 4:30 Uhr haben wir dann noch einen kleinen Anlegerschluck getrunken und sind erst mal ab in die Kojen.
Zum Mittagessen am heutigen Tag haben wir uns im historischen Viertel jeder ein Menü mit Muscheln ausgesucht. Eine gute kulinarische Einstimmung auf Frankreich. Auf dem Rückweg, nach einem kurzen Lebensmitteleinkauf, hat uns dann allerdings ein heftiges Gewitter erwischt. Im Boot läuft gerade die Heizung, quer verteilt hängen Klamotten zum Trocknen. Ich selbst sitze gerade in der Vorschiffkoje und schreibe diesen Artikel, während angenehme Wärme aus den Heizungsdüsen kommt – das passt.
Mal sehen, heute Abend gibt’s vielleicht noch ein Bierchen in einer französischen Kneipe 🙂 und morgen früh geht’s dann weiter.
Aufgrund der Windvorhersage haben wir unseren bisher geplanten nächsten Ort Dieppe (50 Seemeilen) heute kurzerhand geändert, der Wind wäre wieder gegen uns. Stattdessen haben wir Cherbourg als neues Ziel ausgewählt, das sind allerdings 150 Seemeilen am Stück. Also wieder Nachtfahrt und Schichtbetrieb. Morgen früh nach Hochwasser wollen wir los.
Rudi, Michi und ich haben den Freitag für Bastelarbeiten an der Southern genutzt. Wir haben die Pumpe und das Instrument für die Selbststeueranlage eingebaut, wofür wir den kompletten Steuerstand zerlegen mussten. Da ist es gut, dass wir jetzt zwei Tage nicht auf See können/wollen. Auch an Deck müssen einige Roststellen behandelt werden, gerade jetzt bei dem aggressiven Salzwasser der Nordsee ist das besonders wichtig.
Steffi hat in dieser Zeit die Küstentram genutzt, die praktisch die komplette belgische Küste abfährt. Sie gilt als längste Straßenbahn der Welt. Die Tageskarte kostet 7 Euro, mit beliebig vielen Aus- und Einstiegen zwischendurch.
Am Samstag haben Rudi und Michi die Selbststeueranlage noch komplettiert. Steffi und ich haben uns derweil eine Auszeit genommen und sind zu zweit mit dem Zug nach Brüssel gefahren. Steffi hat auch entschieden, dass sie am morgigen Sonntag von Blankenberge mit dem Zug zurück nach Hause fährt. Die Verbindung ist hier verlockend unproblematisch und dauert nur knapp 8 Stunden, während sie ab einem Ort in Frankreich schon mit etwa der doppelten Reisezeit mit längeren Zwischenaufenthalten rechnen muss. Auch wenn sie noch ein oder zwei Tage länger hätte bleiben können, hat hier doch die kürzere Zeit für die Heimreise gewonnen.
Am Sonntag wollen wir früh mit dem Ebbstrom auslaufen und mindestens bis Dünkirchen oder auch mit Nachtfahrt schon Calais hinter uns lassen.
Das Wetter macht mal wieder unsere Reiseplanung. Die nächsten Tage, vor allem Freitag und Samstag, kachelt es draußen auf der Nordsee kräftig. Es ist Windstärke 8, in Böen sogar 10 angesagt. Den Donnerstag hatten wir uns für einen Landausflug nach Brugge auserkoren. Wir hätten zwar noch einen halben Tag segeln können, aber das wäre auch nicht so der richtig große Schlag geworden.
Mit dem Zug, der jede Stunde fährt, ging es von Blankenberge direkt ins 15 km entfernte Brugge. Hin- und Rückfahrt kosteten uns pro Person 6,20 Euro, eine günstige Verbindung. Der Weg vom Bahnhof in Brugge in die Altstadt ist zwar etwas weit (ca. 15-20 Minuten), aber schon auf dem Weg liegen schöne alte Backsteinhäuser. In der Altstadt angekommen sind wir von Brugge und seinen alten Bauten begeistert. Man spürt richtig die frühere große Zeit des Handels, der Kaufmannsfamilien und der Hanse. Am Marktplatz gönnen wir uns im Grand Café jeder ein Bier, 8 Euro kostet uns der halbe Liter. Danach machen wir noch eine Grachtenfahrt mit “Luigi”, der unterwegs sogar für uns singt. Das hat sich gelohnt! Nach einem abschließenden “Beer Flight” in der Spezialitätenbrauerei (6 verschiedene kleine Biere zum Durchprobieren) geht’s wieder zurück zum Bahnhof und nach Blankenberge. Abendessen gab es an Bord, verschiedene italienische Vorspeisen. Die geplanten Spaghetti brauchten wir danach gar nicht mehr.
Ein paar Bilder gibts jetzt schon mal. Wenn ich passendes W-LAN habe, werde ich noch einige ergänzen.
Jetzt beginnt es wieder, dass wir unsere Auslaufzeiten nach Ebbe und Flut richten müssen. Wir hatten gestern noch eine Schleuse zu passieren und waren wieder in der Nordsee angelangt.
Bei bewölktem Himmel und gutem 4er bis 5er Wind hatten wir uns Blankenberge, praktisch direkt neben Zeebrugge, als nächsten Hafen ausgesucht. Nachdem der Wind aber aus der für uns falschen Richtung kam, liefen wir die ganze Zeit unter Motor. Anspruchsvoll war die Zufahrt zum Hafen Zeebrugge, die wir kreuzen mussten, hier war wieder reichlich Großschifffahrtsverkehr.
Angelegt haben wir im Royal Scarphout Yachtclub Blankenberge. Ungefähr eine Viertelstunde später wurden wir vom belgischen Zoll besucht, für uns das erste Mal auf dieser Reise. Nach Sichtung unser Schiffsunterlagen und einem kurzen Blick ins Schiff war der Besuch aber bald wieder vorbei. Die nächsten Tage bis voraussichtlich Sonntag werden wir wohl hier verbringen. Für die Nordsee und den englischen Kanal ist Sturm vorhergesagt.
Am Abend waren wir im italienischen Restaurant “Rimini” noch Abendessen. Unsere Taktik, lieber ein Lokal in einer Seitenstraße zu wählen, hat sich wieder ausgezahlt. Sehr gutes Essen und zum Abschluss gab es eine großzügige Menge an Limoncello bzw. Grappa aufs Haus bzw. “à la maison”.
Heute war unser Ziel Roompot an der Oosterschelde. Bis hier her ist alles noch Binnenrevier. Morgen wollen wir dann wieder auf die Nordsee hinaus und bis kurz nach Zeebrugge kommen, Blankenberge heißt unser anvisierter Hafen.
Der heutige Tag war ansonsten ohne wirklich herausfordernde Ereignisse, erwähnenswert ist allerdings die Passage unter der 5 km langen Zeelandbrug, die zu ihren Anfangszeiten sogar mal die längste Brücke Europas war.
Sicher festgemacht im Hafen von Roompot gab es dann ein kräftiges Gewitter mit Starkregen. Wie schön, dass wir eine Kuchenbude haben, mit der trotz Regen das Cockpit zum Abendessen gut nutzbar ist. Das Gewitter ist jetzt schon wieder verflogen, Zeit für einen Abendspaziergang.
Zwischen 9:30 und 10:00 Uhr hat sich Steffi angekündigt. Sie ist über Nacht mit dem Flixbus nach Amsterdam gefahren und von dort aus mit Bahn und Bus weiter nach Medemblik. Etwas hektisch wurde es für mich, als sich Steffi heute Morgen per WhatsApp meldete und die Ankunft für 8:30 Uhr bekannt gab. Also schnell raus aus den Federn, Morgenwäsche und ohne Kaffee gleich Richtung Bushaltestelle. Ich war gerade noch rechtzeitig…
Ein ausgiebiges Frühstück gab es an Bord. Es folgte noch ein Einkauf beim örtlichen Kaufmann, der eine nostalgische Mischung zwischen Kleinbaumarkt und Schiffsbedarfsladen ist und sehr hilfsbereit war. Danach mussten wir noch am Besanmast einige Sachen erledigen und haben Michi mal wieder im Bootsmannstuhl hoch in den Mast gezogen. An unserem Radarreflektor hatte sich eine Befestigung gelöst, eine Antenne musste wegen Klappergeräuschen etwas korrigiert und die Blöcke am Masttop gefettet werden.
Am frühen Nachmittag haben wir in Medemblik abgelegt und sind durch die Klappbrücke erst mal zur Tankstelle gefahren. Da trafen wir unseren Kaufmann vom Vormittag wieder, die Tankstelle gehört nämlich auch zu dem Geschäft.
Unser Tagestörn ging diesmal nur bis Enkhuizen. Zwar ist das eine relativ kurze Strecke von nur 10 Seemeilen, dafür stand aber der Wind sehr gut, es genügte unsere Genua für 6 Knoten Fahrt. Auf dem Wasser war heute sehr viel los, anscheinend ist das Himmelfahrtswochenende Hochsaison auf dem Ijsselmeer… und es will wohl jeder nach Enkhuizen. Der Hafen ist allerdings groß genug und wir finden schnell den uns zugewiesenen Liegeplatz.
Morgen wollen wir an Amsterdam vorbei und tags darauf über die Kanäle weiterfahren.
Ein spezieller Gruß geht heute von Rudi an “Klein-Annika” und ihre Eltern. Meine beiden Töchter kennen sie auch noch, wir waren gemeinsam in Mecklenburg auf Faltboottour.
Nach unserem großen Schlag von Langeoog war am Donnerstag erst mal ausschlafen angesagt. Wir haben beschlossen, noch einen Tag in Medemblik zu bleiben und haben Steffi, die am Freitag ankommt, gebeten, zu diesem Hafen anzureisen.
Für die Verlängerungsnacht mussten wir uns allerdings im Hafen in eine Box umverlegen, denn heute ist Himmelfahrt. Auch in den Niederlanden ist das ein Feiertag, und es wird mit einem vollen Hafen gerechnet. In der Hauptstraße war auch wirklich viel los, es wurde gefeiert – mit Bühne und Livebands. Wir haben den Tag genutzt, um mal wieder Wäsche zu waschen und die Southern auf die Ankunft von Steffi vorzubereiten. Kojen werden getauscht, denn Doppelbelegung machen wir, wenn es geht, nur in der Vorschiffkabine. Rudi zieht vom Vorschiff in die Schlupfkoje, Michi in die Captainskoje, in der ich bisher war, und ich bereite die Vorschiffkabine für Steffi und mich vor. Praktisch eine komplette Rochade. Klamotten, die es nötig haben, Bettlaken und Bettbezüge werden gewaschen, damit alles wieder frisch ist.
Am Abend gehen wir abseits vom Remmidemmi in der Hauptstraße in einem Schnellrestaurant Burger essen und danach noch auf zwei Abschlussbier an der Pier der Braunen Flotte zwei Amstel-Bier trinken. Ein perfekter Tagesabschluss.
Dienstag, 28. Mai 2019: Das Wetter passt nun endlich. Um 6 Uhr Aufstehen, mit der Ebbe verlassen wir um 7:15 Uhr die Insel Langeoog mit dem groben Ziel Den Helder in den Niederlanden. Wir wollen alle weiteren ost- und westfriesischen Inseln hinter uns lassen und die verlorene Zeit wieder ein Stück hereinholen. Das Wetterfenster ist gut. Es sind Windstärken bis maximal Beaufort 4 (mit leichten Böen in 5) aus nördlichen Richtungen vorhergesagt. Für uns meist ein guter Halbwindkurs, das mag unsere Southern Chancer.
An sich perfektes Segelwetter, wären da nicht die sehr kühlen Temperaturen, maximal 10 Grad Celsius. Mit dem Wind fühlt sich das aber noch viel kälter an. Aber immerhin sind es zwei weitgehend sonnige Tage. Jeder von uns hat mehrere Schichten Kleidung übereinandergezogen. Neben langer Unterwäsche und der üblichen Segelmontur aus Jacke und Hose hatte ich beispielsweise noch einen Kapuzenpulli und zwei weitere Jacken, eine davon Fleece, darunter gezogen. Wir liefen lange Strecken mit 6-7 Knoten Fahrt, das ist für uns schon Regattatempo.
Um 11 Uhr erreichten wir Den Helder. Unterwegs hatten wir beschlossen, gleich ein gutes Stück ins Ijsselmeer zu machen. Wir wollen Amsterdam auf unserer Reise mitnehmen.
Um 19 Uhr legten wir in Medemblik im gemütlichen Westerhaven an (Zufahrt mit Klappbrücke). Insgesamt sind wir jetzt 36 Stunden am Stück auf See gewesen und haben 150 Seemeilen am Stück geschafft. Die Nachtstunden von 21-6 Uhr hatten wir in drei Schichten mit je 3 Stunden aufgeteilt. Einer ist am Steuer, der Zweite ebenfalls im Cockpit aber nur in Bereitschaft und darf auch dösen, der Dritte hat frei und darf in die Koje. So ähnlich hatten wir es schon bei unserem Überführungstörn 2007 von Mallorca gelöst. Nur haben wir die Schichtdauer diesmal aufgrund der Kälte von 4 auf 3 Stunden gekürzt. Es hat gut geklappt.
Am Freitagmorgen kommt Steffi in Amsterdam an. Mal sehen, ob wir dann schon dort sind oder ob wir uns hier in Medemblik treffen.
Am Montag war es wieder nichts mit unserer Weiterfahrt Richtung Borkum. Draußen auf der Nordsee war ziemlich ungemütliches Wetter. Windstärke bis Beaufort 7 und ausgeprägter Wellengang. Wir haben beschlossen, noch einen Tag auf Langeoog zu verbringen.
Aufgabe heute: Das neue Radar von Raymarine soll installiert werden. Vorarbeiten haben wir ja gestern schon gemacht. Am Vormittag schicken wir Michi im Bootsmannstuhl rauf in den Besanmast und das auf dem Träger installierte Radar im Komplettpaket gleich hinterher. Die notwendigen Kabel müssen wir auch noch im Mast durchziehen. Am Ende gleich noch ein Testlauf… es funktioniert. Voilà!
Die zusätzliche Zwangszeit auf Langeoog haben wir außerdem noch für eine neue Teak-Außenleiste am Achterdeck genutzt. Die beiden Leisten (eine für Backbord und eine für Steuerbord) fahren wir nun schon seit rund vier Wochen in meiner Koje mit spazieren. Für die Backbord-Leiste finden wir sicher an einem anderen “Wartetag” noch Zeit.