Leider können wir unser Projekt nicht weiterführen und verkaufen deshalb schweren Herzens unsere Southern Chancer in andere gute Hände.
Unser aktueller “Heimathafen” ist Calheta auf Madeira. Ein perfekter Absprung für einen großen Schlag über den Atlantik in die Karibik. Das war auch unser ursprüngliches Ziel. Aus persönlichen Gründen klappt das für uns aber leider nicht mehr.
Am Morgen haben wir uns auf den Weg zum Castle Cornet (Festung Guernsey) an der südlichen Hafeneinfahrt gemacht. Die ersten Bauten stammen aus dem 13. Jahrhundert. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Insel und die Festung zeitweise von den Deutschen belagert.
Den Nachmittag haben wir an Bord genutzt. So ist unser Satellitentelefon „Iridium GO“ nun mit einer Außenantenne verbunden, die an unserer Heckreling montiert ist. Den Tag haben wir dann mit einem Abendessen im MORA direkt am Hafen ausklingen lassen. Vorspeise waren 6 Austern, danach gab es gegrillten Fisch inklusive einem halben Hummer für jeden.
Morgen geht es Richtung Roscoff. Wenn es passt, wollen wir uns in der Bucht von Ploumanac’h an eine Mooringtonne legen.
Wir haben den Tag mit einem Frühstück in einem netten französischen Café begonnen, passend mit Kaffee, Croissant, Marmelade und Orangensaft. Cherbourg gefällt uns, es gibt zwar auch hier viele leerstehende Läden, aber auch viele Menschen und belebte Gassen. Die Spuren des 75-jährigen D-Day-Jubiläums am 6. Juni sind hier noch deutlich zu sehen. Und: Wir haben unsere ersten Palmen auf diesem Törn gesehen. Die wärmeren Gefilde rücken also näher!
Michi und ich haben uns dann noch auf eine Erkundungstour durch Cherbourg gemacht. Erst durch die Innenstadt und den heute stattgefundenen Markt und am Nachmittag zum alten Kreuzfahrtterminal ins “La Cité de la Mer”, direkt neben unserem Liegeplatz. Das gilt zumindest bei Luftlinie oder wenn wir mit unserem Beiboot unterwegs gewesen wären, aber so mussten wir praktisch um das komplette Hafenbecken laufen.
Aber es hat sich gelohnt! Wir haben uns die “Le Redoutable” angesehen, das größte zu besichtigende Atom-U-Boot der Welt, ebenso ein 12 Meter hohes Seewasseraquarium und eine Ausstellung von Tiefsee-Forschungs-U-Booten. Auch das Forschungs-U-Boot aus James Camerons Film Titanic war dabei. Dazu passt auch die wohl relativ neue Titanic-Ausstellung. Vieles ist hier der Titanic nachempfunden, sodass man sich gut hineinversetzen kann. Es gibt auch einen Filmbereich mit gebogener Breitleinwand, auf der man, mit Blick von der Reling der Titanic, die letzten Tage im Zeitraffer miterleben kann. Mit zu sehen ist auch die Ausfahrt aus dem Hafen von Cherbourg, denn Cherbourg war der vorletzte Hafen, den die Titanic auf Ihrer Jungfernfahrt angelaufen hatte (Southampton – Cherbourg – Queenstown – New York).
Den Montagabend haben wir noch mit einem Kneipenabend in Boulogne-sur-Mer abgeschlossen. Hängengeblieben sind wir in der Bar „The Vole Hole“ direkt an der Kathedrale. Die urige und rustikale Kneipe war mir schon am Nachmittag aufgefallen.
Es war ein schöner Abend, wir haben tolle Leute getroffen und uns (größtenteils auf Englisch) gut unterhalten. Schon mit unserem Reiseziel Madeira hatten wir das erste gute Gesprächsthema, selbst Ben, der Barbesitzer, konnte viel darüber berichten. Marc, auch ein Gast, hat uns einige Tipps zur Rundung des Kaps bei Quessant gegeben und auf Bierdeckeln weitere Infos notiert, welche interessanten Inseln wir unbedingt ansteuern sollten und welche wir getrost auslassen können. Er selbst kommt aus Lorient, das direkt in der Biscaya liegt. Einen speziellen Drink haben wir von Ben zubereitet bekommen, einen „Pepita Gringo“, den er in Boulogne-sur-Mer eingeführt hat. Jeder, der ihn weiterverwendet, soll allerdings einen zusätzlichen Namensteil anfügen. Also gibt es ab sofort einen „Pepita Gringo Southern“. Hauptbestandteil ist brauner Rum. Dazu gibt es eine halbe Limettenscheibe, deren eine Seite vorher in braunen Rohrzucker und die Stirnseite dann in Kaffeepulver gedrückt wird. Der weitere Ablauf ist wie bei Tequila, erst trinken, dann die Limettenscheibe abbeißen. Einfach lecker. Ich werde das auch noch in die Tipps der Bordküche mit aufnehmen. Es war ein sehr schöner Abend. Danke Ben, Marc und Francois!
Abgelegt haben wir gegen halb neun, um die Schleusenöffnung aus dem Bassin Napoleon um 8:36 Uhr zu nutzen. Wir haben uns, wie gewünscht, vorher per Funk bei Boulogne Port angemeldet. Die weitere Fahrt bis zu unserem Ziel Cherbourg haben wir im 4-Stunden-Wachsystem gemacht (4 Stunden Steuermann, 4 Stunden Bereitschaft, 4 Stunden Freizeit oder Schlaf). Unterwegs kam ich auch etwas ins Nachdenken, denn fast genau vor 75 Jahren kamen hier in dieser Bucht die Alliierten Truppen zum D-Day über den Ärmelkanal.
Kurz vor Cherbourg haben wir noch mächtig Gegenstrom bekommen, sodass wir trotz 5 Knoten Fahrt aber teilweise nur 1 Knoten über Grund vorankamen. Cherbourg haben wir dann gerade noch rechtzeitig mit dem letzten Tageslicht erreicht. Beeindruckend war schon die Hafeneinfahrt. Der erste von zwei Vorhäfen ist mit einer langen Hafenmole mit zwei Durchfahrten angelegt, auf deren Enden und in der Mitte mehrere Festungsgebäude stehen, das östliche bietet nur noch den Anblick einer gesprengten Betonruine. Die Vergangenheit hat zumindest hier noch bis heute sichtbare Spuren hinterlassen
Den Donnerstag werden wir noch hier verbringen und uns die Stadt etwas ansehen.
Steffi hat am Sonntagmorgen abgemustert. Sie ist mit dem Zug zurück nach Erlangen gefahren.
Wir haben gegen 8 Uhr abgelegt, erst mal mit dem groben Ziel Dünkirchen bzw. Boulogne-sur-Mer. Der Ebbstrom hat uns wie geplant die ersten Stunden auch “geschoben”, ab Dünkirchen bis kurz vor Calais hatten wir ihn dann allerdings gegen uns. Der Wind war recht wechselhaft, teilweise hat es mit dem Segeln gut geklappt, zu anderen Zeiten musste dann aber wieder der Motor übernehmen. Gut bewährt hat sich unser neuer Autopilot “Knut” von Raymarine, der die Southern Chancer nun zuverlässig steuern kann, ob nach gespeicherten Routen, nach angegebenem Kurs oder unter Segeln auch nach Windrichtung – es funktioniert, das haben wir unterwegs ausgiebig getestet!
Etwas kritisch war gegen Mitternacht die Querung der Einfahrt nach Calais. Hier rauschen ständig Fähren nach und von Dover mit einer Geschwindigkeit von über 18 Knoten durch. Unsere Southern schafft im Vergleich ca. 6 Knoten. Da mussten wir auf jeden Fall auf das richtige Fenster achten, um hier nicht unter den Bug einer Fähre zu kommen, oder zumindest, um nicht ein schwer kalkulierbares Verkehrshindernis zu sein.
Gegen 3:00 Uhr morgens hatten wir dann unseren letzten Wegpunkt vor Boulogne-sur-Mer erreicht. Wir entschieden uns für das Einlaufen in den Hafen trotz Dunkelheit. Wir haben ja Unterstützung von Kartenplotter, AIS und Radar. Im Vorhafen mussten wir dann allerdings erst mal warten, weil wohl die ganze Fischereiflotte aufgewacht ist. Wie an der Perlenschnur kamen bestimmt an die 15-20 Fischereischiffe aus dem Innenhafen heraus. Noch ein Funkspruch mit “Boulogne Port” für die Schleuse in den Innenhafen “Bassin Napoleon” und kurz darauf lagen wir sicher festgemacht am Steg. Gegen 4:30 Uhr haben wir dann noch einen kleinen Anlegerschluck getrunken und sind erst mal ab in die Kojen.
Zum Mittagessen am heutigen Tag haben wir uns im historischen Viertel jeder ein Menü mit Muscheln ausgesucht. Eine gute kulinarische Einstimmung auf Frankreich. Auf dem Rückweg, nach einem kurzen Lebensmitteleinkauf, hat uns dann allerdings ein heftiges Gewitter erwischt. Im Boot läuft gerade die Heizung, quer verteilt hängen Klamotten zum Trocknen. Ich selbst sitze gerade in der Vorschiffkoje und schreibe diesen Artikel, während angenehme Wärme aus den Heizungsdüsen kommt – das passt.
Mal sehen, heute Abend gibt’s vielleicht noch ein Bierchen in einer französischen Kneipe 🙂 und morgen früh geht’s dann weiter.
Aufgrund der Windvorhersage haben wir unseren bisher geplanten nächsten Ort Dieppe (50 Seemeilen) heute kurzerhand geändert, der Wind wäre wieder gegen uns. Stattdessen haben wir Cherbourg als neues Ziel ausgewählt, das sind allerdings 150 Seemeilen am Stück. Also wieder Nachtfahrt und Schichtbetrieb. Morgen früh nach Hochwasser wollen wir los.
Rudi, Michi und ich haben den Freitag für Bastelarbeiten an der Southern genutzt. Wir haben die Pumpe und das Instrument für die Selbststeueranlage eingebaut, wofür wir den kompletten Steuerstand zerlegen mussten. Da ist es gut, dass wir jetzt zwei Tage nicht auf See können/wollen. Auch an Deck müssen einige Roststellen behandelt werden, gerade jetzt bei dem aggressiven Salzwasser der Nordsee ist das besonders wichtig.
Steffi hat in dieser Zeit die Küstentram genutzt, die praktisch die komplette belgische Küste abfährt. Sie gilt als längste Straßenbahn der Welt. Die Tageskarte kostet 7 Euro, mit beliebig vielen Aus- und Einstiegen zwischendurch.
Am Samstag haben Rudi und Michi die Selbststeueranlage noch komplettiert. Steffi und ich haben uns derweil eine Auszeit genommen und sind zu zweit mit dem Zug nach Brüssel gefahren. Steffi hat auch entschieden, dass sie am morgigen Sonntag von Blankenberge mit dem Zug zurück nach Hause fährt. Die Verbindung ist hier verlockend unproblematisch und dauert nur knapp 8 Stunden, während sie ab einem Ort in Frankreich schon mit etwa der doppelten Reisezeit mit längeren Zwischenaufenthalten rechnen muss. Auch wenn sie noch ein oder zwei Tage länger hätte bleiben können, hat hier doch die kürzere Zeit für die Heimreise gewonnen.
Am Sonntag wollen wir früh mit dem Ebbstrom auslaufen und mindestens bis Dünkirchen oder auch mit Nachtfahrt schon Calais hinter uns lassen.
Das Wetter macht mal wieder unsere Reiseplanung. Die nächsten Tage, vor allem Freitag und Samstag, kachelt es draußen auf der Nordsee kräftig. Es ist Windstärke 8, in Böen sogar 10 angesagt. Den Donnerstag hatten wir uns für einen Landausflug nach Brugge auserkoren. Wir hätten zwar noch einen halben Tag segeln können, aber das wäre auch nicht so der richtig große Schlag geworden.
Mit dem Zug, der jede Stunde fährt, ging es von Blankenberge direkt ins 15 km entfernte Brugge. Hin- und Rückfahrt kosteten uns pro Person 6,20 Euro, eine günstige Verbindung. Der Weg vom Bahnhof in Brugge in die Altstadt ist zwar etwas weit (ca. 15-20 Minuten), aber schon auf dem Weg liegen schöne alte Backsteinhäuser. In der Altstadt angekommen sind wir von Brugge und seinen alten Bauten begeistert. Man spürt richtig die frühere große Zeit des Handels, der Kaufmannsfamilien und der Hanse. Am Marktplatz gönnen wir uns im Grand Café jeder ein Bier, 8 Euro kostet uns der halbe Liter. Danach machen wir noch eine Grachtenfahrt mit “Luigi”, der unterwegs sogar für uns singt. Das hat sich gelohnt! Nach einem abschließenden “Beer Flight” in der Spezialitätenbrauerei (6 verschiedene kleine Biere zum Durchprobieren) geht’s wieder zurück zum Bahnhof und nach Blankenberge. Abendessen gab es an Bord, verschiedene italienische Vorspeisen. Die geplanten Spaghetti brauchten wir danach gar nicht mehr.
Ein paar Bilder gibts jetzt schon mal. Wenn ich passendes W-LAN habe, werde ich noch einige ergänzen.
Nach Lebensmitteleinkauf und Bunkern von Wasser haben wir in Gouda gegen 11 Uhr abgelegt. Ziel war Willemstad am Ende der Staande Mastroute in Hollands Diep.
Zwischendurch gab es natürlich Schleusen und Brücken, teilweise wieder mit Wartezeiten. Beeindruckend war „Krimpen an den Ijssel“, wo wir in die Nieuwe Maas abgebogen sind. Dort trauten wir erst unseren Augen nicht, aber es liegt dort wirklich eine Arche Noah, ich würde sagen annähernd maßstabsgetreu, wenn man das überhaupt beurteilen kann. Es sind uns auch einige Binnenfrachter aus Franken begegnet, es ist die Route nach Rotterdam. Ein sehr schönes Stadtbild von der Wasserseite zeigte uns auch Dordrecht, Danach ging es durch das „Hollands Diep“ nach Willemstad, eine kleine und wirklich schöne Festungsstadt mit einer gut erhaltenen sternförmigen Festungsanlage, ursprünglich aus dem 17. Jahrhundert.
Tagesabschluss war ein Abendspaziergang durch den Ort, ein paar Einblicke gibt’s in der nachfolgenden Bildergalerie.
Bei Sonnenaufgang haben wir Anker gelichtet und sind die Staande Mastroute weitergefahren. Ein schöner Morgen und ein sehr sonniger Tag mit angekündigten 30 Grad.
Das erste Mal kurze Hose raus aus dem Schrank und Barfußfeeling an Bord. Nach den bisher kalten Tagen auf der Nordsee ist das mal eine willkommene Abwechslung.
Die Route bietet abwechslungsreiche Orte mit vielen schönen Häuschen mit Terrasse oder Balkon zur Wasserseite. Vielfach sind diese gleich mit eigenen Bootsanlegern versehen, die Niederländer wissen in dieser Hinsicht, wie es geht.
Um 14:45 Uhr war wieder mal ein längerer Stopp notwendig. Wieder standen wir vor einer Eisenbahnbrücke. Diesmal dauerte die Wartezeit bis zur Öffnung aber nur knappe zwei Stunden. Danach ging es weiter in den Yachthafen praktisch gleich um die Ecke. Wir haben uns dann auf den Weg in die Altstadt gemacht, den Marktplatz besucht, wo allerdings nur jeden Donnerstagvormittag der berühmte Käsemarkt stattfindet. Für das Abendessen haben wir uns für einen Griechen abseits des Hauptmarktes entschieden, ein 3-Gänge-Menü nach Wahl für 22,50 Euro, das war eindeutig die richtige Entscheidung – sehr lecker und reichhaltig (Restaurant Rhodos).
Am 1. Juni hatten wir nach einer Nacht in Enkhuizen Amsterdam als Ziel, nach Möglichkeit sogar noch ein Stückchen weiter auf der südlichen Staande Mastroute.
Gleich nach dem Ablegen um 8 Uhr stand die Schleusung vom Ijsselmeer ins südlichere Markermeer an. Die ersten Stunden konnten wir noch gut unter Vollzeug segeln, allerdings nicht ganz auf unserem direkten Kurs. Nach einiger Zeit hieß es dann aber Segel runter und den Rest bis Amsterdam motoren. Nachdem der Wind ziemlich abgeflaut hatte, gab es allerdings keine wirkliche Alternative. Eindrucksvoll war das Einlaufen in Amsterdam, auf dem Wasser war sehr viel los, vielleicht auch dem verlängerten Himmelfahrtswochenende geschuldet.
Nach dem Bahnhof nahmen wir dann linker Hand den Abzweig zur Staande Mastroute, eine Strecke, auf der man mit stehendem Mast auf Kanälen, Flüssen und Seen bis südlich von Rotterdam kommt. Das ist unser Ziel, damit hätten wir die Großschifffahrt bei Rotterdam sozusagen schon hinter uns gelassen.
Endstation für den Tag war dann allerdings ziemlich abrupt die Spoorbrug. Eine Klapp-Eisenbahnbrücke der Amsterdamer Hauptroute, die für unsere Durchfahrt geöffnet werden muss. Die einzige Öffnungszeit innerhalb von 24 Stunden ist täglich irgendwann zwischen ca. 1:00 Uhr und 3:00 Uhr nachts. Die genaue Zeit richtet sich nach dem täglichen Zugfahrplan unter Berücksichtigung von etwaigen Verspätungen. Mittlerweile hatten sich schon an die 10 Yachten vor der Brücke wartend versammelt. Auf dem Funkkanal 69 wurde uns gegen 0:00 Uhr mitgeteilt, dass die Brückenöffnungszeit 1:25 Uhr für ca. 5 Minuten sein wird. Kurz davor waren alle Yachten schon in Lauerstellung und sind dann die weitere Strecke bis ins Nieuwe Meer im Konvoi durch Amsterdam und die vielen weiteren Klappenbrücken durchgefahren. Ein Erlebnis, sozusagen eine Amsterdamer Grachtenfahrt bei Nacht auf eigenem Kiel! Abschließend war noch eine Schleuse an der Reihe, hierfür wurde für uns sogar eine Autobahn mit vier aufeinanderfolgenden Klappbrücken geöffnet.
Bis Sonnenaufgang haben wir dann im Nieuwe Meer geankert, teilweise wurde auch noch eine Mütze Schlaf getankt.